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After Care 1: Was ist das, für wen ist sie wichtig und warum?

Aktualisiert: 28. Mai 2022

Was ist After Care?

Als After Care wird im BDSM das „Kümmern“ (vom englischen „care“) bezeichnet, das nach (vom englischen „after“) der Session stattfindet. Wie das aussieht und was dabei gemacht wird, ist von individuellen Faktoren abhängig - also davon, was die Beteiligten in diesem Moment und allgemein brauchen, welche Bedürfnisse gerade akuter sind und auch oft davon, wie erfahren beide sind.

Für wen ist sie wichtig und warum?

After Care wird häufig als etwas gesehen, das der dominante Part leisten muss, weil der passive Part es braucht. Hier halte ich ein Bewusstsein darüber für wichtig, dass es durchaus eine Tendenz in diese Richtung gibt (also dass häufiger der passive Part derjenige ist, der After Care dringender braucht), aber dass After Care (und vor allem die Effekte, die sie mit sich bringt) für alle Beteiligten, auch den dominanten Part, essentiell ist. Für den passiven Part ist After Care in erster Linie wichtig, um Ausgleich zu schaffen. Ausgleich meine ich hier auf unterschiedlichen Ebenen, auf die ich an anderer Stelle noch genauer eingehe. Es geht hier um körperlichen Ausgleich (also von der physisch fordernden Situation zur Entspannung), um nervlichen, also tatsächlich biochemischen Ausgleich (sprich den Abbau des ausgeschütteten Adrenalins und den Umgang mit diesem Abbau), um emotionalen Ausgleich (also die Balance von Gefühlen und Empfindungen) und den psychischen Ausgleich (die innere Sicherheit und das psychische Wohlbefinden in und mit der Situation). Wie man all das herstellt, schauen wir uns später noch genauer an. Dieser Ausgleich ist für den passiven Part essentiell, weil oft in der Session Dinge geschehen, die das Unterbewusstsein negativ konnotiert, wenn der Ausgleich nicht hergestellt wird. Einfach ausgedrückt: Wer nur schlecht behandelt wird, kann natürlich von BDSM sprechen, aber am Ende fühlt man sich eben schlecht behandelt. BDSM findet dann statt, wenn vermeintlich negative Handlungen mit stark positiven Handlungen, mit ekstatischen Gefühlen kombiniert wird und mit der Diskrepanz dazwischen, also dem Weg von einem zum anderen gespielt wird. Für den dominanten Part ist After Care aber nicht nur ein Pflichtprogramm, sondern - ich möchte behaupten - mindestens fast genauso wichtig. Hier geht es weniger um Ausgleich in der eigenen Empfindung, dem passiven „behandelt-werden“, sondern der unterbewussten Bewertung der Situation: Ich muss als dominanter Part Ausgleich schaffen bei der Bewertung dessen, was ich mache. Das gilt in erster Linie für Sessions, bei denen ich vielleicht aktiv mit Demütigung gespielt habe, mit Schmerz, mit Erniedrigung oder mit anderen Praktiken oder Handlungen, die eigentlich negativ konnotiert sind. Einen Menschen zu erniedrigen, ihm Schmerzen zuzufügen, macht etwas mit uns. Der Auslöser zu sein für einen Schmerzensschrei und bewusst weiterzumachen, all solche Dinge gelangen natürlich in unser Unterbewusstsein. Wir können also (wie umgekehrt) einen Menschen ausschließlich schlecht behandeln und sagen, wir betreiben BDSM, aber dann müssen wir uns nicht wundern, wenn wir auch als dominanter Part darunter leiden - zumindest wenn man kein Psychopath ist. Wir brauchen also Ausgleich durch Handlungen oder Aussagen die dazu führen, dass wir die Erfahrung machen, dass wir auch Auslöser für positive Gefühle sind und eben nicht nur für den Schmerzensschrei. Einfacher gesagt: Der dominante Part braucht nach einer intensiven, vielleicht auch stark negativ konnotierten Session die Gewissheit, dass er nichts Schlechtes gemacht hat, sondern im Gegenteil dafür gesorgt hat, dass sein Gegenüber eine insgesamt positive, schöne, lustvolle Erfahrung gemacht hat. Eine Konstellation, in der ein passiver Mensch beispielsweise nur eine distanzierte Spielbeziehung im Sinn hat, für eine Session kommt, sich Schmerz zufügen lässt und wieder geht, ohne das Bedürfnis nach After Care (aus welchem Grund auch immer), könnte am Ende genauso gut beim dominanten Part dazu führen, dass er essentiell leidet - wie man es sonst beim passiven Part erwarten würde. Abgesehen davon ist After Care nicht nur für die Einzelnen, sondern auch für ein Paar (welcher Art auch immer) essentiell, weil sie Nähe schafft, Vertrauen bildet und emotionale Bindung gewährleistet.



 

(Konkrete Ideen und Tipps für die After Care und dafür, wie ihr herausfindet, was ihr und euer Gegenüber braucht, folgt in den nächsten Teilen.)

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